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Messa da Requiem | Giuseppe Verdi | 21.09.2019

Aufführung

Foto: David Stewart

Sonntag, 22. September 2019


Glanzvoller Opernabend in der Johanneskirche

Verdis »Messa de Requiem« bejubelt.

Am Ende eines denkwürdigen Abends gab es Bravorufe und frenetischen Beifall. Die Begeisterung des Publikums in der Johanneskirche war so groß, als hätte das Konzert in Aix-en-Provence oder in der Arena von Verona stattgefunden. Die Rede ist von Giuseppe Verdis »Messa da Requiem«, ein maßgeschneidertes Festival-Werk, das im Rahmen des »Düsseldorf Festivals« aufgeführt wurde. Die Protagonisten: ein stimmgewaltiger Chor, bestehend aus dem Reading Festival Chorus (Einstudierung Greg Hallam) und die Johanneskantorei von Wolfgang Abendroth, ihrem umsichtigen Chorleiter und Gesamtdirigenten dieses Werkes. Dazu ein souveränes Festival-Orchester sowie die vier Gesangssolisten Katrin Kapplusch, Sopran, Franziska Orendi, Mezzosopran, Matthias Koziorowski, Tenor und Bogdan Talos, Bass. Die Johanneskirche stieß an ihre akustischen Grenzen angesichts einer bombastischen Klangfülle des 180 Mitglieder starken Chores. Man hätte sich bisweilen etwas mehr klangliche Zurückhaltung gewünscht. Sei's drum. Die Aussagekraft des »Dies irae« (Tag des Zorns), der von strahlenden Trompeten begleitete Lobgesang des »Sanctus«, das Zuversicht ausstrahlende »Requiem aeternam« (die ewige Ruh) oder das Trost spendende »Libera me« (Rette mich), all diese Facetten kamen unter dem Dirigat Abendroths sowohl im Chor- als auch im präzisen Orchesterklang großartig zur Geltung. Die Gesangssolisten sorgten mit ihrer stimmlichen Präsenz immer wieder für Verdischen Opernglanz und verschmolzen einzeln und im Ensemble wunderbar mit dem Chorgesang. »Libera me«, der finale Gesang des Requiems wurde zum emotionalen Höhepunkt des Abends, in dem mit präziser polyphoner Stimmführung von Chor, Orchester und Solisten die Bitte um Errettung vor dem ewigen Tod nicht nur des einzelnen Menschen, sondern der ganzen Menschheit musikalisch artikuliert wurde – ein Befreiungsgesang, voll Inbrunst, aber auch voll Demut dargeboten. Wie gesagt: ein denkwürdiger Festivalabend.

GÜNTER SCHULTZ


Montag, 23. September 2019


Verdi in Spitzenqualität

Wenn's kirchenmusikalisch so richtig fett werden soll, dann beim düsseldorf festival. Hier treffen verwegene Projektideen auf potente Sponsoren, was immer wieder auch Wolfgang Abendroth und seine Johanneskantorei auf den Plan ruft. Diesmal also das Verdi-Requiem, Totenmesse als große Oper, dessen »Dies irae« in seinem brachialen Zorn unmittelbar über die Magengrube ins schlechte Gewissen zielt. Erdbeben in der Johanneskirche beim Einsatz von Posaunen, Pauken und großer Trommel. Vor recht vollbesetztem Haus sangen die um den Partnerchor aus Reading (Einstudierung: Greg Hallam) vermehrten Sänger aus vollen Kehlen. Mit der Spitzen-Qualität, die ihr Leiter in den vergangenen Jahrzehnten erzogen hat. Da gelingen auch Passagen wie das zu Beginn gehauchte »Requiem« herzergreifend, da wackelt kein Fugato, da schwingt die Musik mal selig dahin, mal jammert das Herz der Gläubigen in der großen Bitte um ewige Ruhe. Abendroth hat auch das riesige Orchester mit veritabler Holz- und Blechfraktion im Griff. Und offenbar das nötige Geld für exzellente Solisten. Mit Bogdan Talos geht ein wunderbar schwarzer Bass zu Werke, die Mezzosopranistin Franziska Orendi führt ihre Stimme bewundernswert klar. Karin Kapplusch versieht die Sopranpartie mit emotionalen Schleifen, der junge Tenor Matthias Koziorowski muss nur selten sein Instrument über Gebühr forcieren. Verdi im Bestzustand.

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Matthäuspassion | Johann Sebastian Bach | 19.04.2019

Dienstag, 23. April 2019


Strahlender Sopran, professioneller Chor

Johanneskirche
In der Johanneskirche wurde am Karfreitag die Matthäuspassion gegeben.
Foto: Christian Herrendorf

Düsseldorf »Matthäuspassion« in der Johanneskirche.

Das »Ostermusikfest ChamberJam 2019« in der Johanneskirche, der evangelischen Stadtkirche von Düsseldorf, widmet sich unter dem Titel »Nordlicht« in diesem Jahr schwerpunktmäßig skandinavischen Komponisten. Um den Rahmen nicht zu eng zu spannen, hat die künstlerische Leiterin Priya Mitchell auch zwei deutsche Komponisten zugelassen, Johannes Brahms und Johann Sebastian Bach.

Eröffnet wurde das Festival am Karfreitag mit Bachs »Matthäuspassion BW 244«. Die Logistik dieses dreistündigen Mammutwerkes lag in den Händen des Johanneskantors Wolfgang Abendroth, der mit seinen beiden Chören, der Johanneskantorei und dem Düsseldorfer Kammerchor, sowie den Kindern und Jugendlichen der Akademie für Chor und Musiktheater und der Clara-Schumann-Musikschule (Einstudierung Justine Wanat), und schließlich dem Orchester, genannt »ChamberJam-Ensemble« eine Meisterleistung an Klang, Koordination, Zusammenhalt und Interpretation hinlegte. Der räumliche Stereo-Effekt, der durch die von Bach komponierte Teilung von Chor und Orchester in doppelte Klangkörper bei der Leipziger Uraufführung ermöglicht wurde, konnte hier durch die kompakte frontale Aufstellung des Klangkörpers zum Publikum leider nicht erzielt werden. Dennoch war der musikalische Eindruck dieser Karfreitags-Aufführung großartig. Ein professionell geschulter Chor mit ausgewogenen Stimmen und einem strahlenden Sopran meisterte die dramatischen wie die kontemplativen Anforderungen mit Präzision, klanglicher Vielschichtigkeit und chorischer Geschlossenheit. In den meisten Chorälen nahm Abendroth ein recht zügiges Tempo, obwohl diese Kirchenlieder ursprünglich als (vermutlich getragener)  Gemeinde-Gesang konzipiert waren. Er blieb im Tempo konsequent mit Ausnahme des letzten Choralgesangs »Wenn ich einmal muss scheiden«, dessen langsames und innig gesungenes Tempo durch diese Einmaligkeit besonders eindrucksvoll wirkte.

Die sechs Gesangs-Solisten, Katharina Leyhe (Sopran), Elvira Bill (Alt), Markus Francke, (Tenor, Evangelist), Patricio Arroya, (Tenor), Dmitri Vargin (Bass) und Thomas Kildisius (Bassbariton, Jesusworte) zeigten hohe stimmliche Qualität, wechselten manchmal ihren Standort, um mitten im Orchester intensiveren Kontakt zu den Musikern zu haben.

Das Festival-Orchester glänzte in jeder Situation, im Gesamtklang, im Continuo und im Solistischen. Herausragend die Arie »Erbarme dich, mein Gott«, die als einfühlsamer Dialog zwischen erster Geige (Priya Mitchell) und der Altistin Elvira Bill ein berührender Moment einer insgesamt hervorragenden Gesamtleistung aller Musiker war. Am Ende herrschte lange Stille, ehe sich der begeisterte Applaus entlud.

GÜNTER SCHULTZ